15Hermann Joseph Muller
21.12.1890 in Manhattan, New York, USA –
05.04.1967 in Indianapolis, Indiana, USA
Der Biologe und Genetiker Hermann Joseph Muller war der erste Forscher, der Gen-Mutationen experimentell erzeugen konnte. Für seine Entdeckung, dass Röntgenstrahlen das Erbgut verändern können, erhielt er 1946 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin.
Hermann Joseph Muller studierte von 1907 bis 1910 Biologie in New York. 1915 promovierte er an der Columbia Universität bei dem Genetiker und späteren Nobelpreisträger Thomas H. Morgan. Nach Aufenthalten an verschiedenen Universitäten berief ihn die Universität von Texas in Austin 1925 zum Professor. Hier beobachtete Muller 1926 bei Taufliegen die spontane Mutation von Genen. Indem er die Taufliegen mit Röntgenstrahlen bestrahlte, konnte er solche Mutationen gezielt herbeiführen. Damit bewies Muller, dass energiereiche Röntgenstrahlen das Erbgut verändern können, wofür er 1946 den Nobelpreis erhielt.
Auf dem 5. Internationalen Kongress für Genetik 1927 in Berlin lernte Muller Nikolai W. Timoféeff-Ressovsky kennen. Um mit ihm zusammen zu arbeiten, kam Muller als Guggenheim Fellow 1932 – 1933 zu einem Gastaufenthalt an das Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung nach Berlin-Buch. Dort stürmten im März 1933 Truppen der nationalsozialistischen paramilitärischen Sturmabteilung (SA) das Institut und nahmen dabei unter anderem auch Muller fest. Nachdem er durch Einsatz von Gustav Krupp von Bohlen und Halbach freikam, verließ er Deutschland und blieb bis 1937 in Leningrad und Moskau. 1938 ging Muller nach Edinburgh, wo er mit Charlotte Auerbach zusammenarbeitete, die die mutagene Wirkung von Chemikalien nachwies.
Muller entwickelte später das „linear no threshhold“ oder LNT-Modell. Es besagt, dass auch niedrige Strahlungsdosen schädlich wirken, da Strahlendosis und Krebsfälle linear zusammenhängen, ohne einen Schwellenwert (engl. threshhold).
1940 kehrte Muller zurück in die USA, wo er bis 1945 am Amherst College in Massachusetts arbeitete. 1945 wurde Muller Professor für Zoologie an der Indiana University in Indianapolis. Dort erlag Muller 1967 einer kongestiven Herzinsuffizienz.
Mullers Erkenntnisse wirkten über Medizin und Wissenschaft hinaus. So warnte er häufig vor den langfristigen Gefahren des radioaktiven Niederschlags durch Atomkrieg und Atomtests, was zu einer verstärkten öffentlichen Kontrolle dieser Praktiken führte. 1959 übernahm die internationale Strahlenschutzkommission Mullers LNT-Modell.
Mehr Information zur Kooperation von Muller, Timoféeff-Ressovsky und Max-Delbrück und deren Bedeutung für die Genetik finden Sie im vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) zu diesem Anlass in Deutsch und Englisch herausgegebene Buch „Genetiker in Berlin-Buch/Geneticists in Berlin-Buch“.
Serie Berliner Gedenktafeln, weiße Porzellantafel von der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin, 2008